Best of 2013

Ein weiteres Jahr ist vorbei, ein weiteres Jahr will abgeschlossen werden. Diesmal habe ich mich dazu entschlossen, Alben und Tracks in einen Post zu fassen, und nur über die Alben ein paar Zeilen zu schreiben und die Liste mit den Tracks mehr als Bonus nachzureichen. Das ist dem Stress zwischen den Jahren geschuldet und der Tatsache, dass – gerade da ich die Tracks-Liste auf eine Top 20 ausgebaut habe – vieles, was über die Tracks gesagt werden müsste, bereits bei den Alben gesagt ist. Die Alben gibt es im Countdown, gegen Ende des Posts gibt es die Album-Liste noch einmal im Überblick sowie die Liste mit den Tracks. Regeln wie immer: Keine Live-Alben, keine Compilations, keine Archiv-Releases. Nur reguläre Studio-Alben. Here we go:

10. Future Bible Heroes – Partygoing

Future Bible Heroes – Partygoing

Auf dem dritten Album seiner – chronologisch gesehen – vierten Band betreibt Stephin Merritt mit Hilfe Christopher Ewens die Rückkehr zum Synthesizer, die auf dem letzten Magnetic Fields-Album trotz Ankündigung ausblieb. Außerdem wieder stärker vertreten: schwarzer Humor und die Suche nach der Komödie im Drama, zuletzt in dieser Ballung zu finden auf Merritts Songbeiträgen zu den Lemony Snicket-Audiobüchern.

Keytracks: Living Loving PartygoingLet’s Go to Sleep (and Never Come Back)All I Care About Is You

09. Yo La Tengo – Fade

Yo La Tengo – Fade

Unbeeindruckt davon, dass die Intimität, die sie bereits 2000 mit ihrem besten Album And Then Nothing Turned Itself Inside-Out entdeckt hatten, 13 Jahre später der Leitfaden für Musik der verschiedensten Zielgruppen geworden ist (freilich eine Entwicklung unabhängig vom Schaffen des Trios aus New Jersey), legten Yo La Tengo dieses Jahr mit Fade eine weitere Perle gefüllt mit sympathischen Songs und verspielten, spartanischen Arrangements vor.

Keytracks: Is That EnoughCornelia and JaneStupid Things

08. Tegan and Sara – Heartthrob

Tegan and Sara – Heartthrob

Mit den besten Hooklines des Jahres umarmen Tegan and Sara auf ihrem siebten Album den Pop abseits vom Indie-Schick. Heartthrob schiebt die klassisch teenagernahen Themen Liebe, Identität und Intimität eine Altersklasse nach oben. Twen-Pop anyone?

Keytracks: CloserI Was a FoolShock to Your System

07. Maya Jane Coles – Comfort

Maya Jane Coles – Comfort

Raffiniert spärlich arrangiert bastelt die englische Produzentin Maya Jane Coles Tracks, die unaufdringlich tanzbar sind, singt dazu selbst oder holt sich Gastsänger dazu und verliert dabei zu keinem Zeitpunkt den roten Faden – die Emotion – aus den Augen. So holt man den Pop in den Club.

Keytracks: EverythingBurning BrightComfort

06. Pet Shop Boys – Electric

Pet Shop Boys – Electric

Bereits ein Jahr nach dem eher ruhigen Elysium reichen Neil Tennant und Chris Lowe den Nachfolger nach. Womit die meisten nicht gerechnet hätten: Electric ist neben der Rückkehr auf den Dancefloor auch die Rückkehr zur Form. So direkt Tracks wie der Instrumental-Opener Axis auch nach vorne ziehen, so subtil betreibt Tennant seine textlichen Spielereien. „Love is just a bourgeois construct / so I’m giving up the bourgeoisie“ schlussfolgert er im besten Tracks des Albums, um gegen Ende kleinlaut nachzuschieben: „until you come back to me“. Pop und Diskurs, Tanzbein und Gehirn. Wer das so gut zusammenbekommt, schafft es auch, eine Anti-Kriegs-Hymne von Bruce Springsteen zu einer reflektiven Nummer über die Veränderungen im Leben eines schwulen Mannes innerhalb der letzten dreißig Jahre umzukontextualisieren.

Keytracks: Love Is a Bourgeois ConstructAxisThe Last to Die

05. Austra – Olympia

Austra – Olympia

Auf ihrem zweiten Album entfernen sich Austra ein Stück weit vom Goth-Pop ihres Debüts zu Gunsten von Heterogenität. Nach wie vor bilden tanzbare Beats die Grundlage für die Tracks der Kanadier, doch im weiteren Aufbau werden synthetische von organischen Sounds gestützt; hier gibt es neben Synthesizern auch Percussions und Bläser. Katie Stelmanis‘ Opern-trainiertem Tenor wird durch ihre im Ausdruck eher mädchenhafte Stimme der Raum für Verletzlichkeit geboten und trotz der Dichte der Tracks findet sie immer wieder einen Weg durch das Dickicht. Zusammen mit einigen erinnerungswürdigen Melodien und den wunderbar pointierenden Backingvocals der Lightman-Zwillinge entsteht so das am besten durchkomponierte Album des Jahres.

Keytracks: HomePainful LikeWhat We Done?

04. Lady Gaga – Artpop

Lady Gaga – Artpop

Die Aversionen gegenüber den lange Zeit größten Popstar unserer Zeit wandelten sich mit ihrem Image. Anfangs noch als das nächste blonde Popdümmchen abgetan, musste schon bald auf den Vorwurf der Prätension ausgewichen werden. Auf Artpop, ihrem dritten Album, ist Gaga nun smart genug, um sich beides zunutze zu machen. Sie entfernt sich vom Hymnen-Pop von Born This Way und schielt wieder stärker auf den Dancefloor; die Beats sind rabiater als je zuvor, die Arrangements nehmen mehr als einmal die Hintertür anstelle des offensichtlichen Weges und die Protagonistin baut reichlich Pop-Klischees vollkommen unironisch in ein Gesamtkonzept ein, das die Vereinigung von Kunst und Pop fordert, ohne sich um ihre Banalität zu kümmern. Es ist wahr, dass sich Lady Gagas Konzept mit dieser Platte erschöpft haben könnte. Doch die Zäsur findet nicht mit dem ersten Ton Artpops statt, sondern nach dem letzten.

Keytracks: VenusAuraDo What U Want

03. Lorde – Pure Heroine

Lorde – Pure Heroine

Wer etwas über die neuseeländische Sängerin Lorde lesen möchte, wird unweigerlich über den Namen Lana Del Rey stolpern. Müßig wäre es, die Gemeinsamkeiten abzustreiten. Sie sind so unverkennbar wie sie oberflächlich sind. Doch außerhalb der Klangwelt erschöpfen sich die Gemeinsamkeiten schnell, Del Reys regressive Tendenzen teilt Lorde nicht. Viel mehr gibt sie dem Pop der Stunde den Überbau, den er verdient. Ihre Texte sind gegenwärtig, vermeiden Eskapismus und begegnen der obligatorischen Teen Angst clever und eloquent, ohne sie zu verklären oder zu verdammen. Pure Heroine ist ein Album von einem Teenager – Sie ist Jahrgang 1996 – für Teenager. Es ist ein Pop-Album in der wohl klassischsten Funktion, die ein Pop-Album einnehmen kann, und bietet dabei das Update, das ebendieses Prinzip gebraucht hat.  Kein anderer Pop-Act war 2013 so nah am Zeitgeist wie Lorde.

Keytracks: A World Alone400 LuxRoyalsBuzzcut Season

02. Bosnian Rainbows – Bosnian Rainbows

Bosnian Rainbows – Bosnian Rainbows

Mithilfe der Butcherettes-Sängerin Teresa Suárez überwindet Omar Rodriguez-Lopez den Split von The Mars Volta, indem er durch den Post-Punk zum Pop findet. Eine unerwartete Entwicklung für den virtuosen Gitarristen, der sich hier vom Perfektionismus bis zum unkonventionellen Arrangement eigentlich die meisten seiner Trademarks erhält, sie aber viel mehr in den Dienst des Songs stellt. Noch immer verliert er sich mehrmals im Raum, doch das Fundament der Bosnian Rainbows lebt davon, die beiden Welten Formalismus und Unvorhersehbarkeit zu transzendieren.

Keytracks: Morning SicknessWorthlessThe Eye Fell in LoveI Cry for You

01. Jon Hopkins – Immunity

Jon Hopkins – Immunity

Während sich aus der Ferne ein dumpfer Beat nähert, hören wir Jon Hopkins seine Tür aufsperren und schließen. Ist die Türe erst einmal zu, befindet man sich in einer Klangwelt, der es sich nur schwerlich entziehen lässt. Hopkins baut maschinelle, klinisch klingende Beats, die so manches Mal eher nach Küchengerät klingen denn nach Drumcomputer und kontrastriert die Kälte dieses Settings mit einer höchst emotionalen Dramaturgie, die sich durch das ganze Album zieht, sodass es unmöglich wird, Immunity als etwas anderes zu begreifen denn als Gesamtwerk. Zuweilen ist es tanzbar, zuweilen geht es speziell in seinen Piano-Interludes auf Distanz, doch nie ist es beliebig oder gefühlslos. Der Soundtrack zum besten Film, der nie gemacht wurde.

Keytracks: the whole damn thing

Alben

  1. Jon Hopkins – Immunity
  2. Bosnian Rainbows – Bosnian Rainbows
  3. Lorde – Pure Heroine
  4. Lady Gaga – Artpop
  5. Austra – Olympia
  6. Pet Shop Boys – Electric
  7. Maya Jane Coles – Comfort
  8. Tegan and Sara – Heartthrob
  9. Yo La Tengo – Fade
  10. Future Bible Heroes – Partygoing

Tracks

  1. Austra – Home
  2. Lady Gaga – Venus
  3. Bosnian Rainbows – Morning Sickness
  4. David Bowie – The Stars (Are Out Tonight)
  5. Jon Hopkins – Immunity
  6. Tegan and Sara – Closer
  7. Lorde – Buzzcut Season
  8. Daft Punk – Get Lucky
  9. Maya Jane Coles feat. Karin Park – Everything
  10. Bosnian Rainbows – Worthless
  11. Janelle Monáe feat. Miguel – Primetime
  12. Foxygen – San Francisco
  13. Blood Orange – Chosen
  14. Lady Gaga – Aura
  15. Tristen – Goldstar
  16. Pet Shop Boys – Love Is a Bourgeois Construct
  17. Yo La Tengo – Is That Enough
  18. Vampire Weekend – Step
  19. My Bloody Valentine – New You
  20. Torres – Don’t Run Away, Emilie

 

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